Der Mönch im Klosterhof
Bruder Johannes bricht sein Schweigen
Im Klosterhof ist der Geist des Klosters und des heutigen evangelischen Seminars spürbar. In der Mitte des Hofs plätschert im Sommer der vierstrahlige Brunnen aus dem Jahre 1551, auf dessen Brunnensäule Johannes der Täufer steht und den knienden Jesus tauft. Umgeben ist der Platz von ehemaligen Klostergebäuden, wie beispielsweise der Klausur mit der Klosterkirche im Norden, der ehemaligen Küferei, Bandhaus genannt, und dem Torhaus im Westen und der Klostervogtei im Süden. Der Fachwerkbau, das ehemalige Forstamt, beherbergt heute Wohnungen für das Lehrpersonal des Seminars sowie Stuben der Seminaristinnen und Seminaristen. Entlang der Ach stehen Gebäude jüngeren Datums, wie das ehemalige Amtsgericht und das Ephorat (Wohnsitz des Schulleiters), sowie das Badhaus der Mönche.
Am Anfang war das Kloster
Wasserreichtum, Landbesitz, Abgeschiedenheit und ein kleines Kirchlein – das alles war ausschlaggebend dafür, dass der Pfalzgraf von Tübingen und seine Brüder von Ruck im Jahre 1085 diesen Ort am Blautopf als geeigneten Platz für ihre Klostergründung wählten. Die ersten Mönche kamen aus dem Benediktinerkloster Hirsau im Schwarzwald. Durch Heirat gingen 1267 das Kloster, die inzwischen entstandene Stadt sowie die drei Burgen Ruck, Hohen Gerhausen und Blauenstein an die Grafen von Helfenstein über. Im Kapitelsaal kann man heute noch ihre Grabsteine sehen. Allerdings lebten die Helfensteiner über ihre Verhältnisse und konnten ihr Gut nicht halten. 1447 mussten sie ihre Besitzungen in Blaubeuren an die Uracher Linie des Hauses Württemberg verkaufen. Ein Spottverslein aus dem Volk fasst die Situation zusammen: "Gerhausen, Ruck und Blauenstein, das Blatt hat sich gewendet. Der Blauenstein fällt nächstens ein, Gerhausen ist verpfändet. Dir Ruck, schenk ein, gluck, gluck, zum Trost noch einen Schluck. Verklopfen kann so keiner als wie die Helfensteiner." Unter den Württembergern nahm das Kloster wieder einen Aufschwung. Es wurde von 1466 bis 1510 grundlegend umgebaut, wodurch die heute noch größtenteils erhaltene spätgotische Klosteranlage entstand. Als Herzog Ulrich von Württemberg 1534 im ganzen Land die Reformation einführte, mussten die Mönche ihr Kloster aufgeben.
Die Klosterschule
Unter Herzog Christoph wurde 1556 eine evangelische Klosterschule eingerichtet, in der begabte Landesknaben für eine theologische Laufbahn vorbereitet werden sollten, denn das Land brauchte nun, da die katholischen Priester vertrieben waren, evangelische Geistliche. Unter dem ersten evangelischen Abt Matthäus Alber nahm die Schule einen ersten Aufschwung, die Schülerzahl stieg von 25 auf 43. Der Schulbetrieb erinnerte zunächst noch stark an das Klosterleben: die Schüler waren strikt von der Außenwelt abgeschirmt, mussten lange schwarze Umhänge tragen, lateinisch sprechen und einem strengen Tagesprogramm mit Chorgebeten folgen. 1806 musste die Klosterschule wegen zu geringer Schülerzahlen schließen.
Das Evangelische Seminar
Der Schulbetrieb ruhte nicht lange. Schon 1817 wurde das Evangelisch-Theologische Seminar eingerichtet, um junge Menschen auf das Studium der Theologie vorzubereiten. Es ist heute eine moderne Internatsschule unter der Leitung der Evangelischen Landeskirche. Hier werden Schülerinnen und Schüler ab Klasse 9 in vier Jahren zum Abitur geführt. Schwerpunkte sind die Erziehung im evangelischen Glauben, der Unterricht von altsprachlichen Fächern wie Latein, Hebräisch und Alt-Griechisch und eine gute kirchenmusikalische Ausbildung. Berühmte Blaubeurer Seminaristen sind beispielsweise Wilhelm Hauff, Gustav Pfizer, Theodor Vischer, Oskar Fraas oder Robert Gradmann. Der Schulleiter des Seminars trägt den Titel Ephorus. Sein Wohnsitz, das Ephorat, wurde 1902 an der Stelle eines früheren Wirtschaftsgebäudes errichtet und ist mittels einer überdachten Fachwerkbrücke mit den Schulräumen verbunden.
Badhaus der Mönche
Wer unter dem Verbindungssteg hindurch geht, gelangt zu einem bemerkenswerten Fachwerkbau: dem Badhaus der Mönche. Obwohl solch ein Bad früher zu jeder Klosteranlage gehörte, ist dieses heute das Einzige in Deutschland, das noch in einer Klosteranlage zu finden ist. Hier konnten die Mönche im 16. Jahrhundert in einer beheizten Badstube baden und schwitzen. Über einen angebauten, mittlerweile abgerissenen Treppenturm gelangte man in den ersten Stock, der für adlige Besucher gedacht war. Im zentralen Raum, dem mit aufwändigen profanen Seccomalereien geschmückten Festsaal, konnten hochrangige Gäste nach der Jagd bewirtet werden. Seit 1947 ist im Badhaus der Mönche das städtische Heimatmuseum untergebracht. Ein Besuch lohnt sich!